Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) gab im Dezember 2018 eine Pressemitteilung anlässlich der Zulassung von Fingolimod (Gilenya) auch für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren heraus. Leider beschreibt sie unausgewogen den Therapieeffekt und verharmlost das Therapiefolgerisiko.
Denn nur einen Monat vorher hatte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA eine Warnung vor einem Rebound-Effekt herausgegeben, also einer erheblichen Symptomverstärkung nach dem Absetzen, stärker als vor Beginn der Therapie mit Gilenya.
Die Pressemitteilung erwähnt zwar unter ferner liefen, dass Langzeitstudien fehlten, und die langfristigen Effekte auf das Immunsystem nicht abschätzbar seien, aber was für Risiken den jungen Menschen drohen, die noch ein langes Leben, vor sich haben, wird nicht diskutiert.
Ebenfalls unerwähnt bleibt die Tatsache, dass kein Therapieeffekt auf die Behinderungsprogression bei Kindern und Jugendlichen nachgewiesen ist, ja gar nicht untersucht wurde, es ging lediglich um die Schubrate und um MRT-Herde. Es ist bekannt, dass Kinder und Jugendliche eine im Vergleich zu Erwachsenen höhere Schubrate haben, während die Schübe sich aber sehr viel besser zurückbilden, so dass es insgesamt sehr viel länger bis zum Einsetzen einer bleibenden Behinderung dauert. Ein solcher Effekt kann gar nicht in einer solch kurzen Zulassungsstudie nachgewiesen werden.
Anstatt das Medikament hochzujubeln, wäre es notwendig gewesen, differenzierte Abwägungen zu Vor- und Nachteilen anzustellen. Natürlich gibt es Kinder und Jugendliche, die eine hohe Schubaktivität gepaart mit bleibenden Defiziten haben, die von Fingolimod profitieren könnten bzw. wo der Nutzen das Risiko übersteigt, während das bei Betroffenen mit häufigen und leichten Schüben mit sehr guter Rückbildung nicht der Fall sein wird, wenn es keine Wirkung auf die Behinderungsprogression durch Neurodegeneration gibt. Schon gar nicht sollten Kinder und Jugendliche eskaliert werden, wenn sie lediglich MRT-Aktivität haben.
Wir werden das Thema in der nächsten ZIMS wieder aufnehmen.